Plädoyer für ein groß(artig)es kleines Wort
Was ist das?
Das ist ein Tier. Das ist eine Pflanze. Das ist ein Stein.
Das ist ein Mensch. Das ist eine Frau. Das ist ein Kind. Das ist ein Mann. Das ist ein Enby.
Folgendes fällt hier auf:
Die Frage beginnt immer mit dem Fragepronomen „Was“, und die Antwort beginnt immer mit dem Pronomen „Das“ – auch wenn es um belebte Entitäten geht.
Erst wenn wir ausdrücklich nach Personen fragen, benutzen wir das Fragepronomen „Wer“.
Wer ist das?
(Möglich ist auch „Wer ist der/die?“, aber „Wer ist das“ ist tatsächlich üblicher. Sexus bleibt hier immer noch außen vor!)
Das ist mein Lehrerun. Das ist die Bäckerin aus dem Laden nebenan. Das ist meine Tochter.
Die Antworten beginnen übrigens immer noch mit dem Wort „Das“.
Erst wenn die Antworten weiter ausgeführt werden, kommen Personalpronomen ins Spiel:
Er ist wirklich sehr nett. Sie macht gerade eine Fortbildung zur Bio-Bäckerin. Sie ist sechs Jahre alt.
Das – diese Tatsache also – zeigt meines Erachtens, wie umfassend das kleine Wörtchen „das“ (mit seinem Fragependant „was“) doch ist. Ein richtiges Basiswort! Und zwar sowohl als Pronomen als auch als Artikel.
Bei genauerem Hinsehen wird klar, dass es den Artikeln „der/die“ und den Personalpronomen „er“/„sie“ – tatsächlich übergeordnet ist. Mit „das/es“ kann erst einmal alles gemeint sein – Abstrakta, Gegenstände, Pflanzen, Tiere und eben auch Menschen.
Wie seltsam ist es daher, dass dieses Wort „das“ als Artikel so einen abwertenden Beigeschmack bekommen hat: sächlich. So verstanden, wirkt es natürlich abwertend, wenn es für Personen benutzt wird. Denn Personen sind schließlich keine Sachen! Scheinbar ist es daher ein NoGo, Personen – z. B. Enbys, also nonbinäre Personen – mit diesem Artikel versehen zu wollen – oder gar die kurze Grundform, um deren geschlechterumfassende Bedeutung es bei Gendern2.0 ja hauptsächlich geht.
Bei näherer Betrachtung darf mensch sich allerdings wundern, wie es bei diesem Verständnis (das = sächlich) dazu kommen konnte, dass auch jetzt schon in einigen (wenn auch wenigen) Fällen Personen in der Grundform mit diesem Artikel bezeichnet werden:
das Kind – das Baby – das Genie.
(Nicht zu reden von sämtlichen Verkleinerungen/Verniedlichungen, die ja immer den Artikel „das“ tragen: das Männchen, das Frauchen, das Bübchen; das Mädchen – leider zur Norm geworden.)
Aber Kind, Baby und Genie?
Wenn es stimmen würde, dass der Artikel „das“ abwertend gemeint ist, weil er angeblich sächlich ist, wäre es wirklich ein echtes No-Go, Kinder, Babys und Genies damit zu bezeichnen.
Darüber hinaus darf mensch sich aber noch viel mehr darüber wundern, wie es überhaupt jemals dazu kommen konnte, dass der Artikel „das“ als sächlich bezeichnet wurde und teilweise immer noch wird. Denn das ist schlicht und einfach Unsinn.
Schließlich gibt es hunderte, wenn nicht tausende „Sachen“ (also Abstrakta, unbelebte Dinge, Gegenstände), die – wenn auch meistens aus absolut nicht (mehr?) nachvollziehbaren Gründen – mit „der“ oder „die“ versehen sind:
der Löffel – die Gabel – der Tisch – die Decke – der Weg – die Straße – der Blödsinn – die Idee … .
Daneben haben wir natürlich auch viele unbelebte Objekte mit „das“ – aber eben nur daneben.
„Das“ als den „sächlichen“ Artikel zu bezeichnen, ist also komplett unsinnig, da es nicht den Tatsachen entspricht.
(Im Grunde genau so unsinnig wie überhaupt verschiedene Artikel zu verwenden, zumindest für abstrakte Begriffe und unbelebte Entitäten. Ein Artikel für alle (am besten „das“!) würde völlig genügen, so wie im Englischen. Eine „genusfreie Sprache“ wäre auch im Deutschen einfach möglich und ein gutes Ziel, weil dadurch sehr viel vereinfacht würde – aber das nur am Rande.)
Wenn es nun um Personen geht, bekommen die Artikel eine andere Bedeutung, denn sie werden den Geschlechtern zugeordnet – oder etwa nicht?
Und damit sind wir in einem umstrittenen Thema gelandet.
Schauen wir erstmal nach den unbestreitbaren Tatsachen:
Es ist im derzeitigen Sprachgebrauch undenkbar, eine weiblich movierte Form mit dem Artikel „der“ bzw. dem Personalpronomen „er“ zu verbinden:
Da kommt der Lehrerin – er ist ein guter Anwältin – der Polizistin macht Karriere … das macht keinen Sinn. Für die weibliche Movierung wird also durchgehend der Artikel „die“ verwendet und entsprechend das Personalpronomen „sie“ sowie die passenden Deklinationen. Folglich kann die Polizistin, Lehrerin, Bäckerin etc. nur eine weibliche Person sein.
Dementsprechend muss die männliche Movierung – die bei Gendern2.0 ja zusammen mit der nonbinären Form für Balance und damit für die Neutralität der kurzen Grundform sorgt – auch den „männlichen“ Artikel „der“ tragen sowie das Personalpronomen „er“ etc.:
Er ist ein fairer Richterun – der Kindergärtnerun ist echt nett – der Pflegerun* gibt sich große Mühe.
(Zur Enby-Form (Richteran, Bäckeran, Inhaberan etc.) komme ich weiter unten.)
Wie sieht es nun mit der geschlechterumfassenden Kurzform aus?
Theoretisch gibt es die Möglichkeit, die bisher gebräuchlichen Artikel dieser Form (bis vor kurzem ja „generisches Maskulinum“ genannt) einfach beizubehalten. Die dafür häufig vorgebrachte Argumentation lautet, dass Genus nicht Sexus sei, also die Artikel der/die/das eine rein grammatikalische Funktion hätten. Geschlecht würde dadurch nicht zum Ausdruck gebracht.
Außerdem wäre eine diesbezügliche Änderung natürlich ein nicht unwesentlicher Eingriff in die Sprache, auffälliger als die Einführung der männlichen und nonbinären Movierung.
Muss eine Änderung also sein, evtl. zumindest als Option? Und wenn ja, wieso?
In Bezug auf unbelebte Nomen ist es natürlich richtig, dass die Artikel nur Genus zum Ausdruck bringen, denn diese Nomen haben ja kein Geschlecht, keinen Sexus. In den allermeisten Fällen kann – wie schon erwähnt – nicht (mehr?) nachvollzogen werden, warum ein Begriff überhaupt den jeweiligen Artikel innehat.
Aber in Bezug auf Personen, und womöglich auch Tiere, ist das eben nicht so – und ganz sicher nicht bei den Movierungen.
In meinen Augen ist eine seltsame Hirnakrobatik erforderlich, um zu akzeptieren, dass die Artikel für die kurze Grundform rein zufällig sind und nur Genus bezeichnen – wo doch daneben in den gleichgestellten Movierungen Genus und Sexus einander zu 100 Prozent entsprechen; genauso übrigens wie in eindeutig geschlechtsspezifischen Nomen wie die Mutter, der Vater, der Bruder, die Schwester, der Sohn, die Tochter, die Tante, der Onkel, der Opa, die Oma, die Nichte, der Neffe …
(Nebenbei: Sich nonbinäre Formen für diese absolut binären Begriffe auszudenken, ist ein interessantes Unterfangen! Dazu demnächst ein paar Ausführungen.)
Hier kommt nun das Stichwort „Nomen agentis“ ins Spiel.
Unter diesen Begriff fallen alle Substantive zur Bezeichnung von Menschen, die aufgrund einer Tätigkeit (agens = handelnd, wir benutzen z. B. „agieren“) aus einem Verb oder einem Substantiv gebildet werden: Fahrer ist eine Person, die fährt; Sportler eine Person, die Sport treibt.
Einen großen Anteil bilden die Nomina agentis mit der Endung -er; es gibt weitere wie z. B. -or (Kantor, Mentor), -ist (Pianist, Florist), -ier (Pionier, Barbier), -eur (Ingenieur, Redakteur), -ent (Dirigent, Student) und andere.
Die Endung -er findet sich ebenfalls bei den sogenannten „Nomina instrumenti“; damit werden unbelebte Objekte bezeichnet, die ebenfalls eine Tätigkeit „ausüben“ oder helfen, sie auszuüben: Staubsauger, Bohrer, Fernseher etc.. (In seltenen Fällen kann es sich dabei um eine belebte oder unbelebte Entität handeln: Der Rasenmäher ist entweder das Gartengerät oder der Mensch, der den Rasen mäht.)
Warum ist all das bezüglich unserer Thematik interessant?
Weil im Deutschen ausnahmslos alle Nomina agentis das männliche Genus innehaben, also den Artikel „der“. Das zieht sich sogar bis in die unbelebten Dinge, also die gerade erwähnten Nomina instrumenti.
Seit Jahrzehnten ist es Usus, zu dieser scheinbar männlichen Form die weibliche zu bilden. Das geschieht natürlich nur in Bezug auf Personen: Lehrer/in, Polizist/in, Ingenieur/in, Mentor/in, Friseur/in, Student/in etc..
Bei allen abgeleiteten Feminwörtern besteht, wie schon erwähnt, eine eindeutige Übereinstimmung zwischen dem grammatischen Geschlecht, also dem Genus, und dem biologischen Geschlecht, also dem Sexus der gemeinten Person: Als „die Richterin“ kann nur eine Frau bezeichnet werden.
Dagegen kann mit der Grundform – zumindest bis vor wenigen Jahren – spezifisch ein Mann gemeint sein, muss es aber nicht – Missverständnisse vorprogrammiert.
Und hier liegt der/das Hase im Pfeffer:
Das immer wieder vorgebrachte Argument, dass Genus nicht Sexus und der Artikel „der“ bei allen Nomina agentis reine Genusbezeichnung sei, ist nicht schlüssig. Die Auffälligkeit, dass all diese Nomina den Artikel „der“ tragen, ist einfach zu groß. Darüber hinaus drängt sich der Rückschluss, dass jedwede Tätigkeit (häufig ja auch beruflicher Natur) quasi ein „männliches“ Merkmal sei, zumindest unbewusst auf – gerade weil sich das bis in die unbelebten Begriffe hineinzieht!
Und gerade weil sowohl bei der bereits üblichen weiblichen Movierung mit
-in/-innen als auch bei den mit Gendern2.0 neu eingeführten männlichen sowie nonbinären Movierungen die Artikel sowohl Genus als auch Sexus bezeichnen, erscheint es unstimmig, dass das ausgerechnet bei der Grundform nicht so sein soll.
In diesem Zusammenhang wird oft das Argument vorgebracht, dass es ja auch (wenige) Grundbegriffe für Personen mit „weiblichem“ Artikel gibt: die Geisel, die Koryphäe, die Leiche. Tatsächlich kommt dabei wohl kaum ein Mensch auf die Idee, dass es sich dabei nur um Frauen handeln könne:
Wir feiern die Mathematik-Koryphäe Kai Schmidt – die Geisel Martin Kunz wurde befreit.
Diese Sätze wirken stimmig; offenbar haben wir hier wirklich verinnerlicht, dass der Artikel „die“ nur Genusbezeichnung ist – warum auch immer.
Wieso fällt es uns, oder offenbar zumindest vielen von uns, dann so schwer, den Artikel „der“ bei allen Nomina agentis auch nur als Genusbezeichnung zu sehen?
Ich denke, dass es vor allem an ihrem breiten Vorhandensein liegt: Laut Wikipedia bilden Nomina agentis 85 % der deutschen Substantive zur Bezeichnung von Menschen.
Und gerade im Hinblick auf berufliche Tätigkeit oder Statusbezeichnungen war es ja auch allzu lange so: Bäcker, Müller, Lehrer, Händler, Pastoren, Schneider etc. waren fast immer Männer; ebenso Besitzer, Inhaber, Verwalter usw. Da darf es uns nicht wundern, dass die meisten von uns diese Begriffe unbewusst immer noch mit Männern gleichsetzen. Aus diesem Grund ist es ja auch in den letzten Jahrzehnten üblich geworden, die weibliche Movierungsform ganz alltäglich zu gebrauchen: Nur eine Richterin, eine Schneiderin, eine Pflegerin, eine Fahrerin wird bisher unmissverständlich als Frau assoziiert.
Ich kann hier keine Studien als Belege anführen, aber nach vielen Gesprächen und Umfragen dazu scheint es mir wirklich so zu sein, dass – übrigens recht altersunabhängig – sehr viele Menschen bei Sätzen wie „Ich suche einen guten Rechtsanwalt – Ich gehe zum Arzt – Hier kommt der Lehrer meines Sohns“ zumindest erst einmal an einen Mann denken. Natürlich kommt dann in den meisten Fällen recht schnell die Erkenntnis, dass es sich dabei genauso gut um eine Frau (oder eine nonbinäre Person) handeln könnte, was durch das Vorhandensein von gleichgeschlechtlichen Movierungen ganz sicher noch verstärkt wird. Aber es ist nicht von vornherein klar – und das hat wohl kaum etwas damit zu tun, dass es derzeit wohl immer noch weniger weibliche Bäcker, Ärzte, Ingenieure etc. gibt als männliche.
Unglücklicherweise wurde das „generische Maskulinum“ vom Online-Duden vor einigen Jahren nun auch noch als ausschließlich männliche Form definiert, weswegen seither zumindest das binäre Gendern („Bürgerinnen und Bürger“) unumgänglich scheint; nonbinäre Menschen bleiben dabei allerdings außen vor (was bei den neueren Genderformen auch nicht besser wird, wie ich an anderer Stelle auf dieser Website darstelle).
Umso mehr wird dadurch natürlich in unsere Köpfe eingebrannt, dass all diese Wörter – Lehrer, Bürger, Richter, Kantor, Pianist etc. – männliche seien, denn sonst bräuchte es ja keine feminine Form. Und umso unwahrscheinlicher kommt es uns vor, dass der Artikel „der“ vor all diesen Wörtern nur Genus, aber nicht Sexus bezeichnen soll.
Aber genügt es denn nicht, die männliche und nonbinäre Movierung einzuführen, um dieses Ungleichgewicht aufzuheben?
Ja, sagen manche. Wenn wir verankert haben, dass nur Lehrerunnen, Richterunnen, Arztunnen, Pianistunnen etc. definitiv Männer sind – so wie Lehrerinnen, Richterinnen, Arztinnen und Pianistinnen ausschließlich Frauen sind und Lehrerannen, Richterannen, Arztannen, Pianistannen nonbinäre Menschen; dann ist doch bei Verwendung der kurzen Grundform alles klar, unabhängig vom Artikel.
Wirklich?
Leider sitzt es laut vieler Aussagen einfach zu tief in unseren Gehirnen, dass der Artikel „der“ in Bezug auf Menschen männlich konnotiert, also Sexusmarker sei. Da nützen die wenigen oben genannten Beispiele, in denen der Artikel „die“ nicht als weiblich wahrgenommen wird, herzlich wenig – vermutlich einfach, weil es so wenige sind.
Darüber hinaus würde es eine erneute Imbalance bedeuten, wenn neben der neuen männlichen Movierungsform das „generische Maskulinum“ bestehen bliebe!
Kommen wir zu meinem Lösungsvorschlag:
Die kurze Grundform, die alle Menschen bezeichnet, mit dem Artikel „das“ zu versehen, wäre aus den genannten Gründen durchaus eine logische Maßnahme – und zwar in allen Fällen. Es würde dann neben „das Lehrer, das Rechtsanwalt, das Pfarrer …“ auch „das Leiche, das Koryphäe, das Person, das Geisel“ heißen (dazu hier mehr).
Gegen eine offizielle Einführung des Artikels „das“ für die neutrale Kurzform spricht höchstens, dass diese Maßnahme abschreckend wirken könnte; sich daran zu gewöhnen, würde sicher einen Umstellungsprozess bedeuten. Schwierig wäre es nicht, aber eben ungewohnt – das ist das derzeitige Gendern allerdings auch …
Daher lautet mein Vorschlag:
Wann immer der Wunsch besteht, die Neutralität der Grundform zu betonen, kann der neutrale Artikel „das“ optional verwendet werden.
Offiziell heißt es also weiterhin: der Maler, der Bäcker, der Besitzer, die Person, die Geisel, die Leiche, die Koryphäe, das Genie, das Opfer …
Optional möglich ist daneben „das Maler, Bäcker, Besitzer, Geisel, Mensch, Figur, Person, Koryphäe“ etc., so wie wir es von einigen Wörtern wie Opfer oder Genie ja sowieso schon kennen.
Wenn ich zu jemandem sage: „Ich suche ein richtig gutes Anwalt“, stutzt das (!) Hörer sicher erst einmal. Aber dann wird ihm sofort klar sein, dass es mir eben gerade völlig egal ist, welches Geschlecht dieses Anwalt hat. Es soll nur gut sein!
(Darüber hinaus könnte diese Vorgehensweise ein Anfang auf dem Weg zu einer (fast) genusfreien Sprache sein; dazu demnächst mehr.)
Das führt uns zum Artikel der Movierung für nonbinäre Personen.
Bisher habe ich öfters gehört, dass diese Menschen sich oft dagegen verwahren, mit dem Artikel „das“ bezeichnet zu werden. „Wir sind doch keine Sachen!“
Aber wenn sich eine Person erst einmal klar gemacht hat, wie unsinnig und falsch die Bezeichnung sächlich für den Artikel „das“ ist (siehe oben), dürfte dieses Argument eigentlich keinen Bestand mehr haben.
Im Gegenteil:
Ein so wunderbar umfassendes, übergeordnetes, neutrales Wort wie „das“ ist bestens geeignet, um
- als Artikel für Personen eingesetzt zu werden, die genau das sind oder sein wollen: neutral! Nicht weiblich, nicht männlich, sondern beides – oder keins von beidem. Neutral also – was mit sächlich aber überhaupt nichts zu tun hat.
- als Artikel für die kurze, neutrale Grundform – zumindest optional (und eines Tages vielleicht sogar für – fast – alle Nomen…!) Verwendung zu finden.
Statt also den Artikel „das“ als abwertend zu bezeichnen, sollten wir erkennen, dass er bestens geeignet ist, wenn es um die Nicht-Definition von biologischem Geschlecht, also Sexus, geht.
Und das trifft in beiden Fällen zu:
Sowohl bei der Movierung für nonbinäre Personen (Enbys) als auch bei der kurzen Grundform, die alle Geschlechter adressiert.
Hierbei spielt es, nebenbei bemerkt, keine große Rolle, ob mensch diese Grundform als Utrum bezeichnet (das ist die Form, die gar kein Geschlecht meint: „ne-utrum = weder das eine noch das andere) oder als generisches Neutrum, also als Form, die alle Geschlechter meint. Letztlich werden in beiden Fällen alle Menschen angesprochen.
Es gibt übrigens einige durchaus logisch durchdachte Vorschläge für ganz neue Artikel der Movierung für nonbinäre Menschen. Mit all ihren Deklinationsformen stellen diese allerdings eine Neuerung dar, die zu lernen nicht einfach wäre – ungleich komplizierter und komplexer als die Verwendung einer männlichen Movierung und optional des Artikels „das“ für die neutrale Grundform. Ich gehe davon aus, dass sie deshalb vom Großteil der Sprachgemeinschaft nicht angenommen würden.
Der von mir vorgeschlagene Artikel „das“ ist, wie eben schon erläutert, keineswegs entwürdigend, da er nicht sächlich, sondern schlicht und einfach neutral ist. Er umfasst alles und alle: alle Menschen, jedes Individuum, alle Geschlechtsidentitäten.
Am Beispiel „das Kind“ oder „das Baby“ wird es deutlich: Ein Kind bzw. Baby hat zwar in den allermeisten Fällen ein Geschlecht, das aber im Rahmen der Bezeichnung Kind/Baby nicht von Interesse ist. Es handelt sich einfach um eine nicht erwachsene Person; einen nicht erwachsenen Menschen.
Bei einem nonbinären Menschen (Enby) ist es genauso: Es handelt sich um eine (nicht erwachsene oder erwachsene) Person, deren Geschlecht – zumindest im jeweiligen Sprachzusammenhang – uninteressant, unwichtig oder nicht definiert ist: das Baby – das Kind – das Enby.
* Im Zusammenhang mit der Berufsbezeichnung „(Kranken- oder Alten-)pfleger“ möchte ich eine Lanze für die Abschaffung des unsäglichen Begriffs „Krankenschwester“ brechen! Der ist nämlich genauso frauenfeindlich wie das (glücklicherweise so gut wie eliminierte) „Fräulein“. Das fällt allerdings erst im Vergleich auf: Wäre entsprechend auch vom „Krankenbruder“ (oder seinerzeit vom „Herrlein“) die Rede (gewesen), ginge es ja gerade noch. Aber ich bin sicher, dass das jeder Mann – zu Recht – als albern und entwürdigend empfinden würde bzw. empfunden hätte. Also sollten wir unbedingt von der weiblichen Krankenpflegerin reden sowie natürlich vom männlichen Krankenpflegerun und dem nonbinären Krankenpflegeran.