Tiere gendern?

Tiere sind Lebewesen, die in den allermeisten Fällen in weiblich und männlich einzuordnen sind. (Bis zu einem gewissen Grad gilt das auch für Pflanzen, auch wenn es hier häufiger weitere geschlechtsunabhängige Arten der Fortpflanzung gibt – an dieser Stelle soll der Diskurs sich aber vorrangig auf die Tierwelt beschränken.)

Wie im Sachbereich finden sich auch in der Tier- und Pflanzenwelt diverse Genera, die mit Sexus – also dem biologischen Geschlecht – absolut nichts zu tun haben:
der Bär – die Giraffe – das Pferd – der Affe – die Gazelle – der Hamster – das Reh – das Schwein – …

Gründe für diese Zuordnungen sind höchst spekulativ, ähnlich wie bei Pflanzen.

Allerdings ist es zumindest in einigen Fällen durchaus üblich, Tiernamen zu gendern.

Ein Jugendbuch von L. Welskopf-Henrich, das ich seinerzeit begeistert gelesen habe, heißt „Harka – die Söhne der Großen Bärin“.

In Dokumentarfilmen oder Büchern über (Wild-)tiere ist häufig von der Wölfin, der Hündin, der Eselin, der Löwin oder gelegentlich auch von der Kätzin die Rede – und das erscheint uns recht normal.

Seltsamer fänden wir es – inkonsequenterweise – wenn von Delfininnen, Rehinnen, Kaninchinnen, Hirschinnen oder Giraffinnen die Rede wäre.
Ebenso seltsam würden uns männliche Formen wie Bärun, Pferdun, Eselun, Wolfun, Ziegun (oder auch Bärich, Pferdich, Eselich, Wolfich unde Ziegich) vorkommen.

Tiere werden also derzeit zu einem kleinen Teil gegendert – es gibt ja auch einige anerkannte männliche Formen wie Enterich, Gänserich, Mäuserich (einfacher wäre hier allerdings Entich, Mäusich und Gänsich); als Pendant zur Ziege gibt es den Ziegenbock, zur Katze den Kater etc.. Bei der Giraffe ist allerdings eher vom Giraffenmännchen die Rede, bei der Kuh ist es der Stier oder der Bulle – es herrscht also ein ziemliches Kuddelmuddel.

Nebenbei: von den Fachbegriffen wie Ricke, Fähe, Rüde, Sau, Keiler, Ochse, Bache etc. ist hier nicht die Rede; diese sind natürlich sinnvoll und bleiben erhalten. Mir geht es letztlich um die alltägliche Art des Genderns, also mit Movierungen.

Keinesfalls würde ich es als unsinnig betrachten, Tiere zu gendern. Schließlich haben sie in den allermeisten Fällen deutlich unterscheidbare Geschlechter, die auch benannt werden dürfen – wenn der Bedarf besteht. Eine nicht selten praktizierte Möglichkeit ist das eben schon erwähnte Anhängen von
-weibchen oder -männchen. Nicht die schlechteste Lösung, aber doch etwas umständlich.

Was spricht dagegen, Tiere durchgehend mit Movierungen zu gendern?

Tja, bisher wohl die Tatsache, dass ihre Genera so unterschiedlich sind. Und auch hier neigen wir eben doch dazu, Genus mit Sexus gleichzusetzen.

Die Giraffe – na klar, weiblich! Da braucht es als Pendant anscheinend nur das „Männchen“. Die Ziege – weiblich (nicht umsonst als Schimpfwort nur für Frauen verwendet!), also gibt es den Bock dazu. Die Katze – klar weiblich, daher reden wir auch vom Kater (nur selten ist von der Kätzin die Rede.)

Ich hoffe, das spätestens jetzt deutlich wird, wie unsinnig oder zumindest äußerst subjektiv diese Zuordnungen sind.

Und hier kommt wieder die kleine Revolution mit dem „Großen DAS“ ins Spiel!

Wäre es nicht wunderbar vereinfachend, dazu logisch und stimmig, wenn alle Tiere ebenso die neutrale Kurzform hätten wie menschliche Wesen?

Unmissverständlich unterstrichen durch den neutralen Artikel „das“?

Wie leicht dann alles würde!

Wir hätten

das Pferd – die Pferdin (neben der Stute natürlich) – der Pferdun (neben dem Hengst)
das Zebra – die Zebrain (würde vermutlich schnell verkürzt zur Zebrin) – der Zebraun/verkürzt Zebrun
das Kaninchen – Hier wird es ein bisschen knifflig, „Kaninchin“ und „Kaninchun“ sind aber nicht unmöglich. In die Quere kommt uns hier ja nur die Verkleinerungsform; würden wir von „das Kanin“ sprechen, hätten wir ganz geschmeidig „die Kaninin“ und „der Kaninun“. Gleiches gilt für das Meerschwein(chen)!

Weiter hätten wir

das Katze – die Kätzin* – der Katzun (daneben ruhig weiter den Kater)

das Gans – der Gansun – die Gänsin*

das Ente – die Entin – der Entun

das Giraffe – die Giraffin – der Giraffun

das Reh – die Rehin (neben der Ricke) – der Rehun (neben dem Rehbock)

das Huhn – die Huhnin (neben der Henne) – der Huhnun (neben dem Hahn)
Hier würden wir vermutlich Henne und Hahn bevorzugen, aber die Movierungsformen wären daneben zumindest nicht falsch.

Und wir hätten

das Bär – die Bärin – der Bärun

das Löwe – die Löwin – der Löwun

das Haifisch – die Haifischin – der Haifischun

Daneben bleiben die Endungen -weibchen und -männchen erhalten.
Die Movierungen werden vorrangig verwendet, wenn es sich gut sprechen lässt und es keine bekannten Formen wie Hündin, Rüde etc. gibt.

Wichtig ist die Tatsache, dass alle Tiere die neutrale Grundform haben. Alles andere ist unnötig schwierig und in keiner Weise hilfreich; Genus muss absolut nicht sein.

Genus muss eigentlich überhaupt nicht sein … – dazu demnächst mehr.

*Die Wandlung der Laute a, o und u zu ä, ö und ü beim Anhängen des Suffixes in/-innen hat damit zu tun, dass die meisten Menschen diese Kombination aufgrund der entsprechenden Zungenbewegung als einfacher sprechbar empfinden. (Arzt – Ärztin, Wolf – Wölfin, Hund – Hündin etc.)